Durchblick: Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht – Novemberaktionen an der RAS

 

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Wir schauen zurück ins Jahr 1938. In der Nacht vom 9.11. zum 10.11. wurden in Deutschland über 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe zerstört.  Das nationalsozialistische Regime hatte diese  antisemitischen Gewaltaktionen  organisiert. Nach dem 10. Oktober wurden 30.000 jüdische Männer verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.  Die RAS erinnert in jedem Jahr mit verschiedenen Aktionen an diese traurigen Ereignisse. In diesem Jahr gibt es unter anderem einen Film, eine Lesung und ein Theaterstück.  Durchblick berichtet darüber. Passend zum Thema ist auch der Bericht über die Fahrt der letzten 10er-Klassen zum Konzentrationslager Buchenwald.

Autor:  Maximilian Mason

 

Klatschkopf

von  Matthias Rolle

Am 11.11.2013 wurde in der RAS für die 10.Klassen das Theaterstück „Klatschkopf“ gezeigt. Darin geht es um Menschenfeindlichkeit und Gewalt. Das Stück wird von nur einer Person gespielt. Der Akteur „Hein Knack“ vermittelt die Gewalt mit einem Baseballschläger, den er auf eine Mülltonne schlägt. Er spielt einen jungen Mann namens Tom, der von seinem Freund Oliver betrogen wurde. Jetzt will Tom sich rächen. Er lauert Oliver auf, um ihn zusammenzuschlagen. Während er wartet, denkt er über das Thema Gewalt nach – zum Beispiel darüber, warum jemand überhaupt zum Gewalttäter wird. Obwohl das Thema sehr ernst ist,  gab es auch witzige Momente.

 

 

« Wir alle zusammen » –  Eine Aktion der 5. Klassen zum 9. November

von Maximilian Mason und Hendrik Nöhre

Am Donnerstag den 21.11.13 sammelten sich die Schüler der 5. Klassen in der Pausenhalle. 140 bunt bemalte Aufklebefiguren waren in der ganzen Pausenhalle verteilt. Sie sind von den Schülern gestaltet worden und sollten symbolisieren, wie verschieden die Kinder sind, die an dieser Schule lernen. Frau Schmitt sagte dazu: „So verschieden wie diese Figuren seid auch ihr. Jeder ist irgendwie anders. Und das ist gut so. Denn wenn wir alle gleich wären, wäre es hier doch furchtbar langweilig!“

Den Anfang des Programms  machte die Klasse 5c von Frau Thomé mit einem Lied über die Erde und wem sie gehört. Das Lied endete mit der Aussage, dass die Erde allen Menschen gemeinsam gehört. Darauf folgte eine Ansprache von Frau Schmitt, zu dem Thema 9. November 1938 und Reichspogromnacht. Sie fragte die Schüler, ob sie über das Thema Bescheid wüssten und gehört hätten, was damals passiert ist. Sie erinnerte daran, dass damals in Deutschland viele Juden verfolgt, beraubt und getötet wurden – und das nur, weil sie eine andere Religion hatten als die meisten Deutschen. Für Kinder von heute ist so etwas kaum vorstellbar. An der RAS lernen alle Schüler friedlich zusammen – egal, welche Religion sie haben, aus welchem Land ihre Familien kommen oder welche Sprachen sie sprechen. Frau Schmitt fragte, wie viele Sprachen es allein in der Stufe 5 gibt. Unglaublicher Weise gibt insgesamt 24 Sprachen! Zum Abschluss wurde der Satz „Wir wollen hier zusammen leben auf unserer einen Welt“ in eben diesen 24 Sprachen von Schülern und Schülerinnen vorgelesen.

 

Fahrt zur Gedenkstätte Buchenwald (20.06. – 21.06.13)

 

 

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Andreas Zöllick / pixelio.de

von Dennis Weiß

Vorab eine kurze Erklärung zum Konzentrationslager Buchenwald: Das Lager wurde 1937 erbaut – als Arbeitslager zur Zeit des 3. Reiches. Buchenwald war nicht wie Auschwitz ein Vernichtungslager (sofortige Ermordung), sondern der Tod sollte durch Arbeit und ungenügende Versorgung (Vernichtung durch Arbeit) erfolgen. Insgesamt wurden in diesem Lager 250.000 Oppositionelle, Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und Kriegsgefangene inhaftiert, ca. 56.000 von ihnen starben während ihrer Gefangenschaft. Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges wurde das Lager von den Amerikanern aufgelöst.

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Mit 27 Schülern und Schülerinnen machten wir uns am Donnerstag den 20.06. um 9 Uhr auf den Weg. Begleitet wurden wir von Frau Schmitt und Frau Specht. Glücklicherweise war der Bus an diesem sehr warmen Tag gut gekühlt und so kam uns die 5 Stunden lange Fahrt zur gut 400 Kilometer entfernte Gedenkstätte weniger lang vor.

Als wir dann um kurz nach 14 Uhr ankamen, sahen wir zuerst einen halbstündigen Einleitungsfilm zum Thema Buchenwald. Danach diskutierten wir über Themen wie Holocaust, Fremdenfeindlichkeit und die Beweggründe für die Grausamkeit der SS – während draußen ein Sommergewitter aufzog. Das Donnergrollen hörte und fühlte sich an wie ein Luftangriff. Noch dazu saßen wir auf engstem Raum zusammen, fast wie in einem Luftschutzbunker. Nach dem darauf folgenden Abendessen schauten wir uns einen weiteren Film an, in dem der Bruder eines SS-Soldaten über das Leben seines Bruders erzählt und wie dieser in Auschwitz an den Massenmorden beteiligt war.
Danach hatten wir noch Zeit das Lager zu „entdecken“. Ich selbst habe mir ein Bild von dem eigentlichen Lager gemacht, leider wurden die Baracken 1950 abgerissen. Es stehen dort eigentlich nur noch das Lagertor, zwei Wachtürme, das Krematorium, die Kantine und die Effektenkammern, in denen das Hab und Gut der Häftlinge aufbewahrt wurde. Des Weiteren besuchte ich den ehemaligen Zoo, der damals zur Unterhaltung der Nazis gedient hatte und Schwäne, Bären sowie Paviane beheimatet hat. Für die Paviane wurde eigens eine Gehegeheizung installiert – wovon die Lagerinsassen nur geträumt haben. Insgesamt war die Stimmung dort sehr bedrückend, weil man immer die Bilder im Hinterkopf hatte, wie die Sträflinge manchmal bis zu 17 Stunden auf dem Appellplatz stehen mussten und reihenweise wegen ihrer totalen Erschöpfung umgekippt sind.
Nach einer kurzen Pause besuchte ich noch den Standort der Führersiedlung, wo damals die Villen der Kommissare standen.
Geschlafen habe ich schlecht. Das Haus, indem wir unterkamen, war eine ehemalige SS-Kaserne, hier haben also auch die Mörder geschlafen. Auch die Bilder von den hungernden, leidenden Juden und den Leichenstapeln haben mich lange beschäftigt. Noch dazu hat das Bett geknackst und geknarrt, dass es nicht mehr lustig war.
Ich stand früh wieder auf, um meine Sachen zu packen, ehe es um 8 Uhr auch schon Frühstück gab. Das Buffet war reichlich gut gedeckt, ich habe mir jedoch nur einen Tee geholt. Um halb 10 startete dann unsere Führung. Zuerst sahen wir uns den erst 1943 gebauten Bahnhof an. Dieser war nicht etwa dazu gedacht, den Häftlingsanwärtern die Anreise angenehmer zu gestalten (sie mussten davor die 7 Kilometer vom Weimarer Bahnhof bis auf den Ettersberg laufen, auf dem das Lager liegt), er wurde in erster Linie für die anliegende Waffenfabrik „Gustloff Werk 2“ erbaut. Von da gingen wir den „Caracho-Weg“ hinunter zum Tor. Denselben Weg, den der angelieferte Arbeiternachschub gehen musste. Am Tor angelangt, besichtigten wir die Arrestzellen. Dort wurden Häftlinge eingeschlossen und gefoltert, die sich beispielsweise den Befehlen der Wachmänner widersetzt haben. In der Tür zum Lager ist der Schriftzug „Jedem das Seine“ eingearbeitet. Ein römisches Gesetz, das im eigentlichen Sinne so viel bedeutet wie „Jeder hat ein Recht auf seinen Besitz“ wurde von den Nazis im übertragenen Sinne eingesetzt, so dass es bedeutet „Du verdienst, was du hier bekommst“. Hinter den Arrestzellen liegt das „Warme Mahnmal“, auf das vor 4 Jahren Barack Obama Blumen niederlegte. Den Namen hat es bekommen, weil die mittlere Edelstahlplatte konstant auf 37°C, also auf Körpertemperatur, gehalten wird. Danach besichtigten wir das Krematorium, mit den Öfen, in die man kaum reinschauen wollte. Es roch sogar noch nach Kohle. Unterhalb der Öfen gab es noch den muffig riechenden Leichenkeller, wo die Leichen aufbewahrt wurden, bevor sie mit einem Aufzug nach oben befördert wurden. Danach wurde uns nach anhand eines Nachbaus des Pferdestalls die Genickschussanlage erklärt, in der man ca. 8.000 sowjetische Kriegsgefangene ermordete. Während wir diese schockierenden Erlebnisse noch nicht verdaut hatten, gab es auch schon Mittagessen. So richtig Appetit hatte da kaum jemand mehr, weshalb wohl mehr Essen in der Mülltonne als in unseren Mägen landete. Danach gab es wieder ein Treffen und wir gingen kurz danach in die „Vertiefungsphase“, in der wir uns selbstständig mit dem KZ befassen konnten. Eine Gruppe ging in eine Restaurierungswerkstatt, um Patronenhülsen von Dreck zu befreien, manche buchten die Ausstellungen in der Effektenkammer, andere schauten sich Biographien von überlebenden Häftlingen an und ich beschäftigte mich mit den Teilen des Lagers, die ich nicht besichtigten konnte. So zum Beispiel mit dem Steinbruch, in dem die Arbeiter am schnellsten umgekommen sind, ob durch Erschöpfung oder „auf der Flucht erschossen“. Um eine Stelle aus einem Ordner über den Steinbruch zu zitieren ,die die Grausamkeiten am besten ausdrückt:

,,Einige SS-Männer leisteten sich den „Scherz“, den Häftlingen die Mütze vom Kopf zu reißen und sie über die Postenkette zu werfen. Da das Einrücken ins Lager ohne Mütze einem Todesurteil gleichkam, versuchten die Bedauernswerten, ihre Mütze zu holen, wobei die prompt „auf der Flucht erschossen“ wurden. Andere Neuangekommene wurden auf ihre Bitte um Wasser von den SS-Leuten darauf verwiesen, dass es jenseits der Postenkette solches gebe und dass sie es sich dort holen können. Im Vertrauen auf dies „Bewilligung“ wollten sich einige Kameraden Wasser holen, wurden dabei aber ebenfalls abgeknallt.“

Um 16:15 Uhr trafen wir uns dann ein letztes Mal, um das Erlebte zu reflektieren und Feedback zu geben und uns zu verabschieden.